David ist Deutscher Hochschulmeister 2006 Hier sein Bericht: |
| Mit etwas gemischten Gefühlen meldete ich mich für die Deutsche
Hochschulmeisterschaft Einzel an – war doch im vergangenen Jahr
die Mannschaftsmeisterschaft kurzfristig ausgefallen, obwohl wir von der
Uni Bremen bereits eine Mannschaft organisiert hatten. Doch da auch Malte
noch mitfahren wollte, versprach es ein nettes Turnier in studentischer
Atmosphäre zu werden. Die Meldeliste enthielt allerdings nur 16 Spieler
– Malte war nicht darunter und schaffte es aufgrund
der für Schachspieler wohl sehr gewöhnungsbedürftigen Hochschulsport-Bürokratie
auch nicht mehr, noch nachgemeldet zu werden. So fuhr ich also allein
nach Hamburg, angesichts der sympathischen anderen Teilnehmer aber letztlich
auch kein Problem, kurzfristig quartierte ich mich in einem Einzelzimmer
in dem Hotel ein, in dem auch die dreiköpfige Mannheimer Delegation
wohnte. Das Turnier selbst begann mit einem standesgemäßen
Sieg über einen Hobbyspieler, der wohl seine erste Turnierpartie
spielte und am Ende auch 0/7 machte. Das Feld konnte sich aber durchaus
sehen lassen: 3 FM, insgesamt 10 Spieler mit über 2000 Elo (und auch
über 1900 DWZ) und einer der 5 Spieler ohne Zahl war mit Oleg
Abich auch noch ein russischstämmiger Student, der in der
ersten Runde gleich die Nummer 4 der Setzliste, Sebastian Gattenlöhner
aus Konstanz, überspielte und nur aufgrund von Zeitnot ins Dauerschach
einwilligte.
Nach einem Abend mit Erkundung einiger Ecken Hamburgs und dem Champions-League-Spiel des HSV (1:4 in Porto), brachte der zweite Tag mir dank meiner Setzlistenposition 5 gleich das Duell mit dem an 2 gesetzten FM Julian Zimmermann aus Hamburg. In einer Englischen Partie übersah ich allerdings ein zuvor eigentlich durchaus erspähtes Motiv für ihn und musste die Qualität für einen Bauern geben. In der Folge belagerte er meine Stellung so sehr, dass ich praktisch nur noch mit dem König hin- und herziehen konnte. Irgendwie kam er aber auch nicht durch und ließ mir die Chance, während seiner Restbedenkzeit in eine einigermaßen annehmbare Stellung zu kommen. Am Ende musste er sogar noch kämpfen, um nicht auf Zeit zu verlieren. Mit dem letztlich erreichten Remis befanden wir uns in guter Gesellschaft, der Topgesetzte Vitali Braun musste ebenfalls eine Punkteteilung hinnehmen und auch die Nummer 3, Jeronimo Hawellek, gewann nicht, so dass letztlich kein Spieler mit 100% verblieb. Das Essen in der auch aus Sicht eines Bremers (mit der besten Mensa Deutschlands) sehr lobenswerten Hamburger Mensa war dank unserer Zeitnotschlacht nur kurz, anschließend stand für mich eine Weißpartie gegen den Mannheimer Frank Zimmer an. Da ich gewinnen wollte, ärgerte ich mich recht bald über meine Eröffnungswahl, die zwar einige Fallen stellte, eigentlich aber forciert in ein remisliches Endspiel abwickelt. Doch mein Gegner lief in die aufgestellte Falle und erlaubte mir somit einen deutlichen Entwicklungsvorsprung. Aber obwohl er in hochgradiger Zeitnot sowohl Probleme mit seiner Königsstellung als auch mit den wenigen Feldern seiner Dame hatte, verteidigte er sich zäh und packte sogar als ich schon seine Aufgabe erwartete, noch eine Gegendrohung aus – letztlich fand ich aber heraus, dass der schwarze König trotzdem im Mattnetz zappelte. Die Konkurrenz schlief unterdessen nicht und so kamen auch Braun, Zimmermann und Hawellek auf 2,5/3. Schlafen war allerdings eine gute Idee für die kommende Nacht, nachdem der Werder-Erfolg in der Champions League mitverfolgt worden war. Vorbereiten konnte ich mich ohnehin nicht – durch Maltes kurzfristige Abwesenheit hatte ich nicht mehr daran gedacht, den Vereinslaptop zu organisieren. So versuchte ich es am nächsten Tag erneut mit Weiß gegen FM Vitali Braun (TU Braunschweig) also einfach ohne Vorbereitung, doch da er sich auch in meinen Spezialvarianten auskannte, stand ich erneut im Mittelspiel schlechter und musste – wenn auch nicht mit Minusqualle – erneut eine schwierige Stellung verteidigen. Nachdem Braun aber irgendwann etwas zu viel wollte, trat Umumba auf den Plan und ich konnte Ausgleich erzielen und Remis bieten. Dies lehnte er aber ab und verlor nur wenig später zwei Bauern, mit diesem Vorsprung ging ich in ein einfach gewonnenes Turmendspiel! Sowohl technisch als auch taktisch boten sich hier verschiedene Gewinnmöglichkeiten, doch ich nutzte keine davon, spielte eine Abwicklung verkehrt herum und musste am Ende doch ins Remis einwilligen. Ärgerlich – zumal es an diesem Donnerstag keine Nachmittagsrunde gab, in der man etwas hätte gutmachen können. Stattdessen standen eine Rundfahrt durch den Hamburger Hafen und abends das traditionelle Blitzturnier in der China Lounge an. Auf diese Weise kriegten wir Auswärtigen also auch mal die Reeperbahn zu sehen, das mit einigen Hamburger Spielern angereicherte Blitzturnier ging in Abwesenheit von GM „Gusti“ Gustafsson an Vitali Braun, ich sparte meine Kräfte für den Folgetag … Selbiger begann nach einer kurzen Nacht (verkürzt durch die Reeperbahn und den Ärger über die verpatzte Gewinnstellung) mit einer Schwarzpartie gegen den an 6 gesetzten Gerd Kathstede aus Münster, der bereits gegen Braun remisiert hatte. Eigentlich war ich viel zu müde zum Schachspielen und wollte schon mehrfach Remis bieten, weil mir nichts mehr einfiel. Doch mein Gegner kam mir mit einer kleinen Ungenauigkeit zur Hilfe, auf die hin ich ein recht gewagtes Opfer sah. Dessen Folgen waren mir zwar nicht ganz klar, doch letztlich führte es innerhalb weniger Züge zu klarem Vorteil (zwei Bauern und zerstörte weiße Königsstellung) und wenig später auch zum Matt. Durch diesen Sieg war ich plötzlich Tabellenführer, denn die vier vor mir Gesetzten kamen nach der Runde allesamt auf 3,5 Punkte, ich hatte bereits 4 auf dem Konto. Doch nachmittags wartete mit dem Hamburger Jura-Doktoranden FM Jeronimo Hawellek bereits der nächste starke Gegner, gegen den ich – ganz dem Turnierverlauf folgend – auch schnell in Nachteil geriet, der Damentausch nach bereits wenigen Zügen unter Aufgabe des Läuferpaars war wohl nicht ganz so gut für meinen Spielstil, langsam knetete er die Stellung und baute seinen Vorteil aus. Doch meine Zähigkeit zahlte sich auch diesmal aus: Nach einigen Ungenauigkeiten seinerseits gelang mir mittels 26.h4! der Umschwung, sein bald folgendes Remisgebot konnte ich dann sogar noch überlegen abzulehnen, beließ es aber bei dem halben Punkt. Da Vitali Braun und Sebastian Gattenlöhner
ebenfalls remisierten, stellte sich vor der letzten Runde am Samstag
die Tabellensituation in einem Zweikampf zwischen Julian Zimmermann
und mir dar. Allerdings war meine Buchholz aufgrund meines Erstrundengegners
so miserabel, dass ich bei Punktgleichheit niemals eine Chance gehabt
hätte. Doch die Auslosung gab mir Hoffnung: Während ich gegen
den starken, aber vielleicht etwas unerfahrenen Oleg Abich antreten
musste, hieß es an Brett 1 Zimmermann gegen Gattenlöhner.
Dies und Braun – Hawellek an Brett 3 waren die
letzten Duelle der „großen Fünf“ untereinander,
bis hierhin waren alle (!) diese Partien Remis ausgegangen, was auch
Braun und Hawellek nicht änderten
(alle fünf Spieler waren damit auch ungeschlagen!). Ich geriet
unterdessen mit Schwarz in eine äußerst scharfe Variante,
die vor allem für Weiß sehr schwer zu spielen ist. Ein fragwürdiger
Einschlag meines Gegners brachte mich auch in Vorteil, doch bei der
Schärfe der Partie war bis zum Schluss jedes Ergebnis möglich.
Schließlich fand ich aber doch noch einen Gewinnzug und hatte
somit meinen Teil für den Meistertitel erfüllt. Gerade als
ich aufstand, stellten auch Zimmermann und Gattenlöhner
die Figuren wieder auf – sie hatten sich auf Remis geeinigt!
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