Schlaflos in Forchheim - von Malte Meyer

Am 12./13. November fand die Deutsche Schnellschach-Meisterschaft statt. Trotz zahlreicher Einsteller beim Burkhard-Mentz-Memorial rückte ich irgendwie nach und fuhr am Freitag ins fränkische Forchheim. Den Abend verbrachte ich damit, mich über den Europameistertitel der deutschen Schachspieler zu freuen, festzustellen, dass sich die Bemühungen der Fußballer gegen die Ukraine demgegenüber ziemlich kläglich ausnahmen und schließlich mit der Frage, wie um alles in der Welt ich das Zimmer verdunkeln sollte. Ohne Erfolg – der helle Lichtkegel der Straßenlaterne direkt vor dem Fenster blieb die ganze Nacht über mein ständiger Begleiter.
Nach einem ausgedehnten Spaziergang begann am Samstag Mittag schließlich das Turnier. Der Turniersaal war ebenso ausgezeichnet wie die Verpflegung zwischen den Runden und auch die Bedenkzeitregelung von 25 min. + 5 sec./Zug, die allzu schlimme Zeitnotschlachten verhindert. Es fehlten die ganz großen Namen (sprich Großmeister), in der Breite war das Turnier aber sehr stark besetzt.

In RUNDE 1 wartete gleich der Titelverteidiger René Stern. Ich spielte 16 Züge lang wie Anand, vergaß aber den 17., nach dem die Partie, wie mein Gegner beim Abendessen feststellte, praktisch schon remis gewesen wäre. Stattdessen musste ich ein Endspiel mit Minusbauer verteidigen und verlor in der letzten laufenden Partie. Einziger Nachteil der bestehenden Bedenkzeitregelung: Das Ende einer Runde lässt sich nicht mit Sicherheit planen, es muss sofort weitergehen und es gibt praktisch keine Pause für die beiden Spieler der zuletzt beendeten Partie – in 3 von 11 Runden war das meine.


In RUNDE 2 folgte meine zweifellos schwächste Leistung, immerhin mit einem interessanten taktischen Motiv kurz vor dem Ende:
[Meyer-Schulz]
Ab RUNDE 3 ging es dann aber aufwärts, zunächst mit einem glatten Schwarzsieg gegen Adrian Moise, dann mit einem Sieg in einem haltbar erscheinenden Endspiel:
[Meyer-Kräußling I]
[Meyer-Kräußling II]
In der folgenden Partie opferte ich – eher stiluntypisch – im 14. Zug die erste Figur und im 18. die zweite:
[Meyer-Spieß]
Vom Schwung dieser Königsjagd beflügelt ersann ich dann gegen Leon Mons schon im 7. Zug (!) ein weiteres Figurenopfer, aber was eben gut war, war hier wohl des Guten zuviel und am Ende brillierte nur mein Gegner:
[Mons-Meyer]
Den Samstagabend verbrachten alle Spieler beim gemeinsamen Buffet. Bis 22 Uhr waren sogar die Getränke frei; ein Angebot, das einige Spieler weidlich ausnutzten. Zurück im Hotel, sah ich noch den Schluss von Frag doch mal die Maus, fand endlich heraus, wie die Rolladen funktionieren und schlummerte selig ein. Dann allerdings hatte ich den abstrusen Traum einer Schachpartie, in der meine weiße Dame scheinbar entscheidend auf der h-Linie in die gegnerische Stellung eindrang, ich aus irgendeinem Grund aber ich den Spielsaal verlassen und nach dem gegnerischen Zug wieder zurücklaufen musste, während die letzten Sekunden verrannen ... schweißgebadet wachte ich auf. Wieder war es nichts mit Durchschlafen.
Am nächsten Morgen ging es zunächst ruhiger zu. Die 7. RUNDE brachte ein wackliges Weißremis gegen Torsten Lang und in der 8. RUNDE lief ich gegen Jens Kotainy – in etwas schlechterer Stellung – in eine Springergabel und musste sofort aufgeben. In der 9. RUNDE gab es dann mal wieder einen Sieg zu feiern:
[Meyer-Reinhardt]
Die Vorschlussrunde sah eine interessante Berliner Mauer, in der mein Gegner zunächst sehr gut spielte, es dann aber nicht vermochte, folgende Stellung zu gewinnen:
[Dann-Meyer]
Nach dem abschließenden ausgekämpften, aber weitgehend ereignislosen Remis gegen Bernhard Bayer landete ich bei 50%, hinter 18 anderen Spielern, aber immerhin vor dem mehrfachen Sieger Karl-Heinz Podzielny :-).
Turniersieger wurde im Blitz-Stichkampf Hagen Poetsch vor René Stern.