Von Partien, Poker und Pacific Blue
von Malte Meyer

Zur unchristlichen Zeit von sechs Uhr morgens begannen wir, d.h. Daniel M., Daniel K., Jan M. (von Bremen-Nord) und ich, am Donnerstag, den 9. August unsere Reise nach Staré Mesto, einem unschuldigen kleinen Städtchen im Osten Tschechiens. Nach kurzem Aufenthalt in Prag, der die ersten Kronen (Kurs 1:28) sowie Markus aus München einbrachte, aber fast Daniel K. gekostet hätte, ging es weiter nach Staré Mesto. Vier Stunden und viele Landstraßen später glaubten wir unser Ziel erreicht zu haben, ahnten allerdings schon Böses, als sich kein Hotel Synot finden ließ und erhielten kurz darauf durch die Dorfjugend Gewissheit: Staré Mesto, was auch einfach „Altstadt“ heißt, ist der Name zweier tschechischer Städte; die andere liegt noch ca. 150 km entfernt, was wiederum ziemliches Glück war, denn es hätte ja auch an der deutschen Grenze sein können. Um zwei Uhr morgens erreichten wir aber schließlich das Hotel Synot, fielen erschöpft in die Lounge des dortigen Discothek und ließen uns mit einem Pacific Blue entschädigen. Schließlich besteht ein Schachturnier – in der Terminologie Raj Tischbiereks – auch aus dem B-Turnier (geistige Getränke) und dem C-Turnier (dem anderen Geschlecht).

Am nächsten Morgen begaben wir uns dann zum A-Turnier; die Nr. 1. der Setzliste hatte ELO 2433, es schien also nicht ganz ausgeschlossen, ein wenig oben mitzuspielen. Die Spielbedingungen inklusive Live-Übertragung der ersten zehn Bretter, guter Verpflegung und elektronischer Uhren waren hervorragend, und mit der Zeit gewöhnten wir uns auch daran, dass an den Brettern 11-77 die Bauern breiter waren als die Damen und die Könige irgendetwas zwischen Traube und Eichel auf dem Kopf trugen, aber kein Kreuz. Folgerichtig tauschte ich in den ersten beiden Partien gleich im 15. und im 8. Zug die Damen, um Verwechslungen auszuschließen. Schachlich lief es zunächst ganz gut: Markus, Daniel M. und ich starteten mit 2/2, Daniel K. mit einem remis und Jan mit einem Sieg gegen einen Stärkeren feierten einen ersten Erfolg.

Die Zeit vor und nach den Partien wurden von Restaurantbesuchen für 3,- Euro, Sauna- und Jacuzzigängen in unserem Hotel, Freibad und Partievorbereitung gefüllt. Abends blieb der „Club Nr. 6“ mit angeschlossener Billardbar unsere bevorzugte Adresse und bot insbesondere am Freitag und Samstag ein beeindruckendes Beispiel tschechischer Sinnenfreudigkeit und Lebenslust. Es könnte damit zu tun haben, dass am Sonntag morgen nicht alle in Topform waren, wobei die einen lieber gleich auf dem Hotelzimmer blieben, während die anderen den Schlaf am Brett nachholten und etwas öfter als üblich während der Partie ein stilles Örtchen aufsuchen mussten. Konsequenterweise schoben wir Sonntag Abend eine etwas ruhigere Kugel und zogen für dieses eine Mal den Pokertisch dem Club vor, wobei Daniel M. mit einem All-In mit 44 gegen 88 und Daniel K. mit einem angesagten checkraise die besten moves spielten.

Während Jan in der Kategorie „Video-Entertainment“ in Führung ging, dominierte Daniel M. in der Folge die Kategorie „Vodka“ und Daniel K. blieb für den Raab des Tages zuständig. Markus drehte unterdessen auf und neben dem Schachbrett auf, schlug zwei IMs und stellte einen ersten Kontakt zu Olga und Katrina aus Lettland her, mit denen wir den Großteil der folgenden Abende verbrachten. Katrina gewann übrigens auch das Blitzturnier, das Markus und ich nach einigen Bad Beats nur auf den Rängen zwei und vier abschlossen. Wir revanchierten uns mit einem Sieg im Tandem und bei einem Kartenspiel, das eine Mischung aus Skat, Doppelkopf und Strip-Poker darstellt.

Zurück zum Schachlichen: Zu den 6,0/7 (Markus), 5,0/7 (Malte), 4,5/7 (Daniel M.), 3,5/7 (Daniel K.) und 1,5/7 (Jan) von Mittwoch Abend kam am schwarzen Donnerstag leider nicht viel hinzu. Nach ungefähr einer halben Stunde fiel das Licht aus, was Markus’ Gegner IM Klima, den Chipleader des Turniers, zu einem Remisangebot veranlasste. Markus hatte allerdings nach gelungener Eröffnungsvorbereitung bereits klaren Vorteil und lehnte ab, fiel aber wenig später einem taktischen Schlag zum Opfer. Auch Daniel M. spielte zu loose und verlor und Malte wurde von IM Weglarz gecheckraist (Remisangebot + Gewinnzug), so dass in dieser Runde der kampflose Sieg von Jan das einzig Zählbare blieb.

Besser lief es am Freitag: Markus wahrte mit einem remis seine Chancen auf die IM-Norm, Malte gewann durch 16.Dh7+ mit der Idee 17.Dh8#, Jan holte ein starkes remis und Daniel K. holte in total verlorener Stellung die Gabel heraus und gewann eine Figur (die Partie endete trotzdem remis – so schlecht war die Stellung). Daniel M. gab remis und räumte dafür den online-Pokertisch ab.
Am letzten Abend gewann Daniel M. dann das B-Turnier (knapp vor Daniel K.) und Markus das C-Turnier, was für die letzte Runde des A-Turniers allerdings eine schwere Bürde bedeutete: Die beiden Daniels stiegen gar nicht erst in die Hand ein, Jan foldete nach einer halben Stunde und Markus nach einer Mittelspielkombination von IM Pesotsky. Ich gewann gegen ein tschechisches Wunderkind, schaffte es aber trotzdem nicht mehr In The Money.

Nachdem wir uns von Olga und Katrina verabschiedet hatten, machten wir uns auf die Heimreise, wo im deutsch-tschechischen Grenzgebiet so einiges Oberhäslich war und erreichten Samstag Abend schließlich den Bremer Hauptbahnhof.

Zum Abschluss ein kleines Rätsel für alle aufmerksamen Leser des Berichts und der Turnierhomepage: http://www.fera.hitech.cz/base_ger.html
Multipliziere die Punkte von Daniel M. mit den Stunden, die die Hinfahrt benötigte. Addiere die ELO-Zahl des Turniersiegers. Subtrahiere das Geburtsjahr des ältesten DSK-Teilnehmers. Addiere die Punkte von Jan. Subtrahiere das Produkt Deines Alters und der Zahl unserer Remisen in Runde 7. Dividiere durch die Anzahl der Discotage. Subtrahiere den Prager Kronen-Wechselkurs. Subtrahiere die Anzahl unserer kampflos verlorenen Partien. Dividiere durch Maltes Punkte.
Das Ergebnis ist die Anzahl der Cheeseburger, die Daniel K. auf der Rückfahrt bei Mc Donald’s bestellte ?