Arnd Dritter in Travemünde
27.-30.12.2007 / von David Höffer

Wie schon vor zwei Jahren machten wir uns am Abend des zweiten Weihnachtstages auf nach Lübeck, von wo aus jeden Tag zum Open nach Travemünde gependelt werden sollte. An der Besetzung hatte sich gegenüber damals nicht allzu viel geändert, Malte und ich - David - waren wieder dabei, für den in New York weilenden Markus kam mit Arnd unsere neue Nummer 1 ins Boot. Maltes WG wurde wieder kurzerhand zur Schach-WG umfunktioniert, natürlich mit großem Schachbrett auf dem Küchentisch. In Ermangelung einer Uhr gab es am ersten Abend nur einige „zeitlose“ Partien und – natürlich – auch ein wenig Kartenspiel.

Der erste Tag brachte dann das Wiedersehen mit einigen alten Bekannten, so waren aus dem LSB auch die Bremen-Norder Robert Kosak und Thorsten Döscher angereist, Werder war mit Lothar Wemßen und Gerald Jung vertreten. Für uns verlief der erste Tag weitestgehend problemlos, natürlich musste man konzentriert spielen, letztlich fuhren wir aber mit 6/6 wieder nach Hause.
Erst am zweiten Tag konnten wir unsere weiße Weste nicht mehr verteidigen und als ersten erwischte es ausgerechnet Arnd: Trotz Weißvorteils hatte er gegen Ende der Partie mit drei (!) Minusbauern zu kämpfen und gab in einer trotzdem noch unklaren Stellung gegen Jochen Cremer Dauerschach. Während Malte seine Aufgabe mit gewohnter Souveränität erledigte, standen meine 3/3 auf sehr wackligen Füßen: Gegen den jungen Lokalmatador Anton Bulygin stand ich bereits auf Matt – eigentlich kaum zu übersehen, eingeleitet mit einem Doppelschach. Doch manchmal gibt es auch im Schach Glück und auch so einen Punkt sollte man nicht verschmähen. In der vierten Runde gab dann aber auch ich etwas ab, FM Hendrik Rudolf von den SF Berlin war an Brett 3 noch eine Nummer zu groß. Unterdessen schob Arnd sich wieder heran – wie sich herausstellen sollte, kam sein Remis zu einem turniertaktisch günstigen Zeitpunkt. Malte verteidigte als Einziger von uns seine 100%, hatte es bisher aber auch ausschließlich mit schwächer gesetzten Gegnern zu tun gehabt (ebenso wie natürlich Arnd).

Zu erwähnen ist bezüglich der ersten beiden Tage auch das große Favoritensterben: In Runde 5 spielten die GM Romuald Mainka, Sergej Kalinitschew und Aleksandr Karpatchev einträchtig nebeneinander – an den Brettern 10-12! Alle hatten in den ersten vier Runden einen Punkt liegengelassen, Karpatchev gegen die 19-Jährige Karin Chin (Königsspringer Hamburg), die ihn mit dem Mittelgambit überrascht hatte. Angesichts dieses von ihr eroberten Skalps musste ich mit meinem Remis gegen sie am dritten Tag in Runde 5 nicht ganz unzufrieden sein, auch wenn die Vorteile eher auf meiner Seite lagen. Arnd hatte sich mittlerweile wieder an Brett 5 vorgekämpft, wo er gegen Michael Bohnstorff (Winsen/Luhe, 2166) gewann – diesmal achtete er mit Weiß etwas besser auf seine Bauern. Malte hatte unterdessen mit FM Robert Vogel (Rosenheim, 2285) den genau vor ihm gesetzten Spieler erwischt, zudem mit Weiß, also ein Los, bei dem noch vieles möglich war. In einer scharfen Stellung wurde dann aber Remis vereinbart, auch wenn Arnd in der Analyse noch alles versuchte, um weißen Vorteil nachzuweisen, es half nichts.

Die sechste Runde brachte dann erstmals das schöne Bild der nebeneinander aufspielenden Arnd und Malte. An den Brettern 3 und 4 bekamen sie es mit Thomas Schmid und FM Gunnar Jacob zu tun. Während sich etwas weiter hinten Karpatchev gegen Roman Korba in einer Zeitnotschlacht durchsetzte, gelang Arnd kurz vor der Zeitkontrolle der nächste Sieg, mit dem er sich für die Schlussrunde wieder ganz nach oben katapultierte (die bis dahin mit 100% führenden Großmeister Robert Rabiega und Michail Ivanov teilten sich schnell die Punkte). Doch nicht nur diese drei hatten 5,5/6: Neben IM Sebastian Siebrecht, der gegen IM Salov gewann, schaffte auch Malte den Sprung ins

Große Beachtung fand Maltes Sieg in Runde 6
gegen FM Gunnar Jacob (2322)
Führungsquintett: In seiner geliebten Anti-Tschigorin-Variante (die in einigen Blitzpartien gegen mich zuvor mehr zufällig nochmal erprobt worden war) erspielte er sich gegen Jacob einen Mehrbauern im Turmendspiel – und was Malte damit gewöhnlich so anstellt, ist bekannt: Kurz vor Ende der 5-stündigen Bedenkzeit musste sein Gegner ihm zum Sieg gratulieren!
Damit war die Ausgangssituation für den letzten Tag prächtig: Arnd und Malte würden erneut nebeneinander spielen, diesmal aber sogar an den ersten beiden Brettern unmittelbar um den Turniersieg. Komplettiert wurde das Ganze dadurch, dass auch ich es dank eines Weißsieges noch mal auf die Bühne schaffte.

Intensiv wurde sich also für den vierten Tag vorbereitet, Malte wollte mit einem Franzosen gegen Rabiega versuchen, Ausgleich zu erzielen, Arnd mit Weiß gegen Siebrecht im Vierbauernangriff auf Gewinn spielen.


Runde 7, Tisch 1: Kampf um den Turniersieg!
Arnd besiegt IM Siebrecht, Malte verliert knapp gegen GM Rabiega
Mit einem Sieg würde man ja auch mindestens Dritter sein, der Wermutstropfen war nur, dass Platz 1 schwer erreichbar schien: Der nach Buchholz bereits deutlich führende GM Ivanov bekam es in der letzten Runde mit seinem einen halben Punkt schlechter platzierten Freund Karpatchev zu tun und wurde letztlich auch Turniersieger nach Wertung. Dahinter schaffte es GM Rabiega auf Platz 2. Es sah zwar lange so aus, als ob Malte die Stellung halten könnte, doch irgendwann war ein Läufereinschlag auf g6 nicht mehr zu verhindern. Dritter nach Wertung wurde dann aber Arnd: Er lehnte das frühe Remisgebot von Siebrecht ab und bereitete ihm dann mit seinen rigoros vorrückenden Bauern Kopfzerbrechen.
Hinter dem allein auf Platz 4 stehenden FM Julian Zimmermann (6 Punkte) kam Malte in der großen Gruppe der 5,5er ein (Platz 5-13), am Ende hieß es für ihn Platz 10, eine erneut sehr starke Leistung, zumal man mit Schwarz gegen Rabiega sicherlich verlieren darf! Für mich sprang in der letzten Runde gegen FM Jacob noch ein Remis heraus, obwohl beide Seiten angesichts der Tabellensituation natürlich zu gewinnen versuchten.

Insgesamt wieder ein sehr schönes Turnier mit interessanten Partien und angenehmem Drumherum. Arnd hat mal wieder gezeigt, dass ihm die Pause in den USA nichts anhaben konnte!

... und hier zum Bericht "Travemünde 2005"